Die Glocke der Dorfschule ließ ihren Ton weit übers Land schallen. Ferienbeginn. Die Siedlerkinder stürmten aus der Tür. Sie rangelten, schlugen um sich, denn jeder wollte der Erste sein; der erste am Piratenschiff. Sie nannten es so, aber eigentlich war es eine alte Kogge, von Mönch Anslem und Vargus für die Überfahrt zur Ferien-Abenteuerinsel >schwarzes Schloss< umgebaut. Seit es dieses Ferienlager gab, schickten die Siedler ihre Kinder dorthin, um den Sommer zu verbringen. Gerade waren Sie dabei, die Vorräte aus dem Proviantlager zu verstauen, als sie von einer Böe erwischt wurden. Das kleine Schiff schlingerte hin und her. Die Eltern bekamen Angst. Doch die Generäle der Kogge gaben ungehindert weiter ihre Anweisungen, wie und wo etwas verstaut werden musste, damit der Ballast stimmte. Keiner wollte, dass ihrer wertvollen Fracht etwas passierte. Vargus hatte einen Eid geleistet, dass jedes Kind heil und gesund zurückkommen würde. Den hielt er nun seit vier Jahren ein. Die Kogge legte ab. Alle Kinder standen an der Reling, winkten ihren Eltern zum Abschied zu. Kaum waren sie auf hoher See, setzte ein Sturm ein. Das Schiff wurde hin- und hergerissen. Die Kinder schleuderten über das Deck, stießen sich ihre Köpfe und Gelenke. Sie hatten Angst. Vargus befahl seinen Generälen, die Kinder zusammenzusammeln und einen großen Kessel aus ihren Körpern, um sie zu bauen. In weiter Ferne konnten sie bereits die Insel der Freibeuter entdecken. Die Mannschaft schaltete schnell. Sie legten ihre Hände ineinander und hielten sich fest, die Kinder gut gehütet in der Mitte. Sie schafften es, alle Kinder heil an Land abzusetzen. Dort gab es ein Zeltlager, viel grün und einen direkten Zugang zum Wasser. Kaum hatten sie ihre Füße auf festen Boden gesetzt, rannten sie los. Stießen gegeneinander, schlugen und schubsten sich. Die Lagermannschaft schüttelte den Kopf. Sie wussten, jetzt ging es um die besten Plätze, wer, mit wem in einem Zelt schlief und überhaupt, wer welches Zelt bekam. Nachdem sie sich eingerichtet hatten, wollten sie ans Wasser. Dorthin jedoch durften die Kinder nur in Begleitung der Generäle und auch nur im abgesperrten Bereich baden. Jedes Jahr das gleiche Spiel. Wenn jemand an den Strand ging, stand dort ein Strandkorb und drinnen saß der Weihnachtsmann mit nacktem Bauch und ließ sich in der Sonne brutzeln. Jedes Mal forderten die Generäle ihnen mit Waffengewalt auf, seinen Sitzplatz aufzugeben. Doch der Weihnachtsmann weigerte sich, den Strandkorb zu verlassen. Er wollte noch ein wenig die Sonne genießen, bevor es an die Vorbereitungen für das nächste Fest ging. Doch das interessierte die Kinder alles nicht. Sie hatten nur eine Sache im Kopf; sie warteten darauf, dass die alten verbrauchten Minen ihre Tore öffneten. Dort durften sie werkeln, schlagen, toben und sich verstecken, soviel sie wollten. Vargus und seine Crew hatten alles abgesichert, gestützt und teilten jetzt Kinderhacken aus. Die Tore öffneten sich und die fröhlichen Gestalten verschwanden im Dunkel des Minenschlundes. Sie hatten die gefährliche Überfahrt längst aus ihrem Gedächtnis gestrichen. Jetzt gab es Wichtigeres. Hier lernten sie spielerisch den Abbau von Ressourcen. Manche von ihnen wurden den ganzen Sommer über nicht mehr im Tageslicht gesichtet. Jeden Abend schlug die Glocke zum Abendessen. Gemeinsam wurde gegessen und danach durften sie noch ein wenig die Insel erkunden. Die Leiter hatten überall kleine Schätze versteckt, die es zu finden galt. Sie lagen nicht irgendwo am Boden, man musste klettern, durch Schlamm robben oder tauchen. Nie wurde es einem von ihnen zu viel. Jeder wollte der erste sein und sollte tatsächlich mal jemandem ein Missgeschick passieren, erschall fröhliches Lachen über die einst so dunkle Insel. Später, als sie erwachsen waren, erinnerten sie sich alle an die schöne Zeit im Piratenlager. Das größte für sie waren die Abenteuerminen und die Überfahrt mit der Kogge „Varslem“. Der Name zusammengesetzt aus Vargus und Anslem.